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Sagrada Anfänge Passionsfassade Apsis von Hotel Ayre am Morgen

Die Sagrada Família in Barcelona

Barcelona gilt seit jeher als Schmelztiegel der Kulturen und Religionen, ein Ort der Durchmischung und Integration, mit Wurzeln bis tief hinein in die Geschichte des Abendlandes.

Hier leben und haben gelebt: Iberer, Römer, Katholiken, Katharer, Muslime, Juden … Der heilige Gral, wie er in Wolfram von Eschenbachs Gralsroman beschrieben ist, soll gewissen Legenden zufolge in den Bergen von Montserrat (Montsalvat) zu finden sein. Heute hat Katalonien, mit seinem urbanen Zentrum Barcelona, innerhalb von Spanien einen Autonomiestatus und das Selbstverständnis als «historische autonome Gemeinschaft» ist von enormer Bedeutung für seine Bewohner. Ein Ort also, wo die abendländische Geschichte tiefe Wurzeln geschlagen, sich aber auch immer wieder angepasst, transformiert und erneuert hat. Hier wurde am 19. März 1882, am Namenstag des Heiligen Joseph, der Grundstein gelegt für den «Temple Expiatori de la Sagrada Família». Der zuständige Diözesenarchitekt leitete die Bauarbeiten bis zur Errichtung der Kryptenkapitelle, doch schon bald kam es zu Streitigkeiten mit dem Bauverantwortlichen, und der Architekt gab das Projekt nach einem Jahr bereits wieder ab.

Am 3. November 1883 wurde überraschend ein junger Architekt zum neuen Bauleiter ernannt: Antoni Gaudí. In den ersten Jahren kam die Arbeit gut voran, doch in den Folgejahren und speziell während des ersten Weltkrieges kam es wegen Geldmangels immer wieder zu Verzögerungen, hie und da gar zu einem Baustopp. Gaudí hatte von Anfang an einen Grundriss in Form eines lateinischen Kreuzes vorgeschlagen. Seiner Vorliebe für Symbolik folgend, legte er grossen Wert auf bauliche und dekorative Elemente, die der Kirche Symbolgehalt verleihen sollten. Bei der Geburtsfassade etwa überziehen unzählige Skulpturen und Schmuckelemente die gesamte Fläche. Zwischen religiösen Motiven sieht man auch Pflanzen, Tiere, abstrakte Formen sowie zeitgenössische Skulpturen, – etwa einen Anarchisten mit einer Bombe in der Hand.

Als Antoni Gaudí im Jahr 1926 starb, wurde die Bauleitung seinem Schüler und langjährigen Assistenten Domènech Sugranyes übertragen und von diesem zehn Jahre lang weitergeführt – bis Anarchisten 1936, nach Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs, die Werkstatt des verstorbenen Gaudí zerstörten. Originalentwürfe und Bauzeichnungen gingen in Flammen auf, Gipsmodelle zerbarsten in kleinste Teile. Tief verzweifelt legte Sugranyes sein Amt nieder und verstarb kurze Zeit später – aus Gram, wie seine hochbetagten Kinder Conxita und Ramon Sugranyes erzählen. Die Bauarbeiten an der Sagrada Família wurden vollständig eingestellt.

Erst 1954 machte man sich daran, die Arbeit wieder aufzunehmen. Und 1976, ein Jahr nach General Francos Tod, konnten die vier neuen Türme der Passionsfassade eingeweiht werden.  Heute wird an allen Ecken und Enden mit einem nie dagewesenen Tempo gearbeitet und  weiterentwickelt. Der Innenraum der Kirche, der weitgehend fertig ist, wurde am 7. November 2010 von Papst Benedikt XVI geweiht.

Zusammen mit der immer noch wachsenden, wuchernden Aussenbaustelle zieht die Sagrada Família mittlerweile jährlich gegen drei Millionen Besucher aus aller Welt an. Denn der geheimnisvolle Prozess des Entstehens und Erschaffens scheint zum Greifen nahe, ist physisch spürbar. Er führt, im Film, von der Krypta über die Geburts- und die Passionsfassade bis hin zur unvollendeten Glorienfassade: einer immens grossen, weissen Wand, leer und nackt, offen für Projektionen aller Art. Und er führt weiter in die Höhe, zu der Baustelle in schwindelerregender Höhe, wo fünf Baukräne auf dem Kirchenschiff stehen, um weitere 6 der insgesamt 18 Türme in Angriff nehmen zu können. Einer von ihnen, der Christusturm, soll sich dereinst 170 Meter in die Höhe erheben und zum höchsten Kirchturm der Welt werden. Schätzungen der Bauleitung zufolge soll dies bis 2026 der Fall sein, zur Feier des hundertsten Todestages von Antoni Gaudí.